Schneemäuse

Unscheinbare Höhenrekordhalter

Wahrscheinlich hast auch du schon einmal bei einer Gipfelrast über kleine Mäuse gestaunt, die auf der Suche nach Fressbarem zwischen den Steinblöcken herum gelaufen sind und das vielleicht sogar auf einem Dreitausender. Mit großer Wahrscheinlichkeit waren es Schneemäuse.

Schneemäuse sind Wühlmäuse. Sie sind Verwandte der viel bekannteren Feldmäuse. Auffällig an ihnen sind einerseits ihre Größe und ihre enorm langen Schnurrhaare und andererseits die Tatsache, dass sie der absolute Höhenrekordhalter unter den europäischen Säugetieren sind. Am Mont Blanc wurden Schneemäuse noch in über 4 700 Metern Höhe angetroffen. In den Hohen Tauern findet man Schneemäuse vor allem in Blockfeldern und Felsstürzen zwischen 2 000 und 2 400 Metern Seehöhe. Aber auch auf Dreitausendern sind sie zu finden. Hier leben sie zwischen den Felsblöcken und ernähren sich von den spärlichen Pflanzenbeständen.

Tolle Kletterer

Schneemäuse sind ausgezeichnete Kletterer. Ihr langer Schwanz hilft ihnen dabei die Balance zu halten. Mit ihren langen Schnurrhaaren können sie sich auch in den finstersten Felsspalten orientieren. Der auf den ersten Blick für eine Wühlmaus seltsam anmutende Lebensraum bietet den Schneemäusen einen Vorteil: Die klimatischen Bedingungen in den Ritzen zwischen den Steinen zeigen im Gegensatz zum rauen alpinen Klima an der Oberfläche nur geringe Schwankungen. Hier hat es im Winter unter der Schneedecke kaum jemals weniger als 0 ° C und auch im Sommer, wenn es durch die Sonneneinstrahlung draußen extrem heiß werden kann, ist es hier mit 10 ° C angenehm kühl. Genau diese gleichmäßigen Lebensbedingungen schätzen Schneemäuse.

Überleben unter meterhoher Schneedecke

Trotz dieser im Vergleich zur "Außenwelt" auch im Winter relativ angenehmen Bedingungen ist es für Schneemäuse natürlich nicht leicht, den Winter unter der oft meterhohen Schneedecke zu überleben. Der Bergwinter dauert von November bis Mai - sieben Monate, in denen ihre Nahrungspflanzen nicht nachwachsen. Um Diese Zeit zu überdauern, legen Schneemäuse Nahrungsvorräte an. Dazu trocknen sie Gräser und andere Pflanzen im Eingangsbereich ihrer Bauten, bevor sie sie dann in ihre Wohnhöhlen tragen und lagern.

Weibchen verteidigen ihr Revier

Wie bei den meisten Wühlmäusen verteidigen die Weibchen ihr Revier, um die wenigen vorhandenen Nahrungsressourcen nicht mit anderen teilen zu müssen. Männchen streifen hingegen oft weit umher und sind weniger an bestimmte Territorien gebunden. Zwischen Juni und September bringt ein Schneemausweibchen je nach Witterungsbedingungen ein bis zwei Würfe mit bis zu vier Jungen zur Welt. Nach zwei bis drei Wochen verlassen die jungen Schneemäuse den Bau und beginnen selbstständig ihre Welt zu erforschen. Wenn sie die ersten gefährlichen Wochen überleben, dann könne sie bis zu zwei Jahre alt werden, eine im Vergleich zu vielen anderen Mäusen relativ lange Lebenserwartung. Obwohl bei uns Schneemäuse fast ausschließlich in alpinen Felslebensräumen vorkommen, ist ihr Gesamtverbreitungsgebiet nicht auf die Alpen beschränkt. Man kann sie in fast allen Gebirgszügen zwischen Spanien und dem Kaukasus antreffen.
In manchen Gegenden findet man sie sogar auf Meeresniveau, wie zum Beispiel in Istrien, wo sie in den mediterranen Karstlandschaften sehr ähnliche Lebensbedingungen wie in den Blockfeldern der Alpen haben.

Robert Lindner
Aus "Tauernblicke" Oktober 2005